Veranstaltung: | 57. Landesversammlung in Neukieritzsch - Programmparteitag zur Landtagswahl 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 6 Programm zur Landtagswahl 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesversammlung |
Beschlossen am: | 03.02.2024 |
Eingereicht: | 12.02.2024, 12:00 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Landtagswahlprogramm, Kapitel 1: Nachhaltiges Leben ermöglichen
Text
Nachhaltiges Leben ermöglichen
Unser Klima konsequent schützen
Der menschengemachte Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, die wir
im 21. Jahrhundert zu bewältigen haben. Um unseren Kindern und Enkeln eine
lebenswerte Zukunft auf unserem Planeten zu sichern, können wir es uns nicht
leisten, Klimaschutzmaßnahmen aufzuschieben oder gar anderen Aufgaben
unterzuordnen. Wir setzen alles daran, die Erderwärmung auf ein Maß zu
begrenzen, das eine lebenswerte Zukunft in Sachsen und auf dem gesamten Planeten
sichert. Eine gute Zukunft kann nur eine klimagerechte Zukunft sein, die den
sozialen ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht wird.
Klimaschutz ist aber auch eine Chance für die regionale Wirtschaft und ein
Wohlstandmotor. Die Nutzung von Sonnen- und Windenergie, die Elektromobilität
und die Gewinnung von Wärme aus Luft, Wasser oder Erde sind Technologien der
Zukunft. Wir stehen heute erst am Anfang. Wir wollen den Freistaat Sachsen zum
Gewinner dieses grünen wirtschaftlichen Aufbruchs machen. Dazu definieren wir
verlässliche und ambitionierte Klimaziele und sorgen konsequent für ihre
Einhaltung.
Klimaschutz in ein ambitioniertes Gesetz gießen
Nur mit uns BÜNDNISGRÜNEN war es möglich, mit dem sächsischen Energie- und
Klimaprogramm (EKP) endlich einen großen Schritt in Richtung ambitionierterer
Klimaziele und konkreter Maßnahmen zu gehen. Was es jetzt braucht, ist ein
sächsisches Klimaschutzgesetz, das sicherstellt, dass der Freistaat und seine
Kommunen ihrer globalen Verantwortung gerecht werden und ihren Beitrag zur
Einhaltung der Klimaziele leisten. Dieses muss nach BÜNDNISGRÜNER Auffassung
2040 als Ziel der Klimaneutralität (Glossar) festschreiben, zwingend dem Ansatz
eines CO2 Budgets für den Weg dahin folgen und auch für jeden Sektor spezifische
Zwischenziele verankern.
Innerhalb dieses Gesetzes sind die konkreten Maßnahmen, Fristen und geeigneten
Indikatoren festzulegen. Wir wollen die Staatsregierung zudem per Gesetz
verpflichten, alle zwei Jahre die Zielerreichung in einem Klimaschutzbericht zu
überprüfen und sämtliche – neue wie bereits bestehende –Landesförderprogramme,
Gesetze und Regelungen auf die Klimaschutzziele auszurichten. Aufgrund ihrer
Vorbildfunktion soll die öffentliche Hand spätestens 2035 klimaneutral sein. Für
die Bewertung der Maßnahmen und die Kontrolle der Zielpfade soll ein Gremium
externer Expert*innen eingebunden werden. Kommunen und Landkreise müssen bei der
Erstellung und Prüfung eigener Klimaschutzpläne angemessen unterstützt werden.
Bei Verfehlung der Ziele muss durch ein zusätzliches Klimaschutz-Sofortprogramm
des Freistaates gegengesteuert werden.
Für Erneuerbare Energien die Weichen stellen
Oberstes Ziel der Energiewende ist nicht weniger als Klimaneutralität und
Klimagerechtigkeit, Versorgungssicherheit und günstige Preise zu vereinen. Dies
sichert nur ein ambitionierter und entschlossener Ausbau der Erneuerbaren
Energien. Sie sind heute schon der entscheidende Standortfaktor für Unternehmen
und Grundvoraussetzung für eine gute wirtschaftliche und ökologische Entwicklung
in Sachsen. Hier entstehen viele neue Arbeitsplätze und für diese werden
zahlreiche Fachkräfte gebraucht. Ein Festhalten an der Kohle über 2030 hinaus
schadet somit nicht nur unserer Umwelt, sondern ist auch extrem teuer und
richtet volkswirtschaftlichen Schaden an. Wir BÜNDNISGRÜNE treten wie keine
andere Partei in Sachsen für ein konsequentes, zielgerichtetes energie- und
klimapolitisches Handeln hin zur Klimaneutralität ein. Leitend ist für uns dabei
eine sozialverträgliche Ausgestaltung. Wir haben in den vergangenen Jahren auch
in Sachsen wichtige Weichen gestellt, müssen aber weiter aktiv gestalten, damit
Sachsen Energieland bleibt und dabei zugleich die notwendige Transformation weg
von fossilen hin zu erneuerbaren Energien – bei Wärme und Strom - zügig angeht.
Die nötigen Maßnahmen sollen in der Fortschreibung des sächsischen Energie- und
Klimaprogramms (EKP) auf Basis eines sächsischen Klimaschutzgesetzes verankert
werden.
Wir BÜNDNISGRÜNE stehen für einen massiven Ausbau der erneuerbaren
Stromerzeugung, einen beschleunigten Kohleausstieg und eine sozialverträgliche
Wärmewende. Dafür müssen wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen und
Infrastrukturen schaffen. Deshalb wollen wir einen verstärkten und intelligenten
Netzausbau sowie eine systemdienliche Erschließung verschiedener
Speichermöglichkeiten.
Steuerbare gesicherte Erzeugungsleistung, die dann die Versorgung übernimmt,
wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht, sichert als Partner der
Erneuerbaren die Stromerzeugung ab. Durch die Sektorenkopplung (Glossar)
verbinden wir das zukünftige erneuerbare Stromsystem mit neuen
Nutzungsmöglichkeiten bei Mobilität und Wärmebereitstellung. Ein entscheidender
Baustein der Sektorenkopplung sind Kurz- und Langfristspeicher, sowohl für
Strom, Wärme als auch Wasserstoff. Damit wollen wir auch sicherstellen, dass
erneuerbare Energie vorrangig dort genutzt wird, wo sie erzeugt wird. Das dient
einem effizienten Gesamtsystem genauso wie der Versorgungssicherheit vor Ort.
Windkraft beflügeln
In der Vergangenheit wurde ein schneller Ausbau der Windenergie in Sachsen
politisch verhindert. Durch BÜNDNISGRÜNE Politik wurden die planungsrechtlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen, dass bereits 2027 und somit deutlich früher
als gefordert, 2 Prozent der Landesfläche für den Ausbau von Windkraft
ausgewiesen werden. Damit können Windkraftanlagen mit weit über acht Gigawatt
Leistung in Sachsen errichtet und damit ein angemessener Beitrag zu den
Bundesausbauzielen geleistet werden.
Zudem haben wir erreicht, dass die Genehmigungsverfahren in Sachsen
überdurchschnittlich schnell sind. In Anbetracht der nun deutlich steigenden
Antrags- und Genehmigungszahlen und der sich substanziell erweiternden
Flächenkulisse dürfen hier keine Engpässe entstehen.
Wir haben bereits für eine bessere Ausstattung zuständiger Behörden und Verbände
– etwa der regionalen Planungsverbände, der Landesdirektion und der Sächsischen
Energieagentur (SAENA) –gesorgt. Dennoch gilt es weiterhin Genehmigungsverfahren
zu ermöglichen, deren Schnelligkeit nicht zu Lasten von Natur und Umwelt geht.
Mit zusätzlicher fachlicher Unterstützung der unteren Behörden sowie
Verwaltungsleitfäden auf Landesebene wollen wir Klarheit und Transparenz für
alle Verfahrensbeteiligten schaffen.
Des Weiteren wollen wir BÜNDNISGRÜNE für Kommunen und Bürger*innen die
Beratungsangebote und Möglichkeiten für den Erfahrungsaustausch stärken sowie
weiterhin bei der Lösung konkreter Zielkonflikte vor Ort unterstützen. Auch in
Sachsen haben wir möglich gemacht, dass Kommunen selbstbestimmt beim
Windenergieausbau vorangehen können (isolierte Positivplanung (Glossar).
Wir verfolgen das Ziel, allen Kommunen verbindlich eine finanzielle Beteiligung
an Windenergie- und Photovoltaik Freiflächenanlagen in ihrer Nachbarschaft zu
sichern.
Für Windenergieanlagen im Wald gilt wie für jede andere Flächennutzung:
umgewandelte Waldfläche ist durch Waldmehrung an anderer Stelle auszugleichen.
An diesem Grundsatz des Sächsischen Waldgesetzes halten wir fest.
Ausgleichszahlungen zur Vermeidung von Wiederaufforstung lehnen wir ab.
Ein entschlossener Windkraftausbau nützt zuallererst den Menschen vor Ort. Wir
wollen mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit über den Nutzen der
Windenergie für die Menschen vor Ort informieren. Denn Windenergie bedeutet
nicht nur eine Stärkung kommunaler Finanzen durch Gewerbesteuereinnahmen und
deren Möglichkeit einer festen Abgabe je Kilowattstunde. Sie stärkt auch
ortsansässige Unternehmen und Genossenschaften anstelle von fossilen
Geschäftsmodellen, deren Gewinne zum Beispiel den russischen Angriffskrieg
finanzieren. Falschinformationen werden wir mit Sachargumenten begegnen und
konstruktiv die Suche nach den besten Standorten begleiten.
Sonnenenergie konsequent ausnutzen
Für den Ausbau der Solarenergie in Sachsen verfolgen wir das Ziel, alle
Potenziale bereits bebauter Flächen voll auszuschöpfen. Dazu wollen wir eine
Solarpflicht für alle öffentlichen Gebäude und Parkplätze des Freistaates
einführen, um so jährlich Anlagen mit mindestens zehn Megawatt Leistung auf
Flächen der öffentlichen Hand zuzubauen. Zudem soll es eine Solarpflicht für
alle neu gebauten Gewerbegebäude, Mehrfamilienhäuser und Parkplätze geben,
sofern keine wirtschaftliche oder technische Unzumutbarkeit nachgewiesen werden
kann. Die Anbringung von Photovoltaikanlagen auf Bestandsgebäuden mit
angemessenem Ertragspotenzial wollen wir mit zinsgünstigen Darlehen umfangreich
fördern. Module „made in Saxony“ sollen dabei höhere Tilgungszuschüsse erhalten.
Für die Planung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen setzen wir uns für starke
Nachhaltigkeitskriterien und Biodiversitätsansätze ein, welche den ökologischen
Wert der Flächen erhöhen. Hybride Nutzungskonzepte wie Agri-PV, Floating-PV und
Biodiversitäts-PV (Glossar) wollen wir voranbringen. Wir setzen uns im Bund und
auf europäischer Ebene weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass die strategisch
wichtige Branche der Solarindustrie in Sachsen gute Bedingungen auf dem
europäischen Markt hat.
Denkmalschutz und Photovoltaik schließen sich für uns nicht aus. Auch im Respekt
für die Anforderungen des Denkmalschutzes ist die Integration von Photovoltaik
möglich. Die Entwicklung quartiersbezogener PV-Konzepte für geschützte Ensemble
wollen wir ebenso fördern, wie Balkonsolar als Möglichkeit einer unkomplizierten
Teilhabe großer Teile der Bevölkerung an der kommunalen Energiewende.
Wasserkraft und Biomasse zukunftsfest machen
Bestehende Wasserkraftanlagen betrachten wir als Bestandteil der sächsischen
Energieversorgung und Kulturlandschaft mit einer hohen Akzeptanz innerhalb der
Bevölkerung. Dies setzt allerdings voraus, dass alle ökologischen Vorgaben, etwa
der Fischdurchgängigkeit und der Wasserverfügbarkeit, eingehalten werden. Unser
Ziel ist es, Wasserkraftanlagen eine wirtschaftliche Perspektive durch die
Teilnahme am Energiemarkt zu eröffnen.
Auch Biomasse soll weiter der Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung dienen, wo
sie stofflich nicht nutzbar ist und nicht die Nahrungsmittelproduktion
beeinträchtigt oder verdrängt. Dabei setzen wir primär auf Bioabfälle,
Ernterückstände und Stoffe der Landwirtschaftlichen Urproduktion wie Festmist
und Gülle. Biomasseanlagen müssen zukünftig stärker auf einen flexiblen und
systemdienlichen Betrieb ausgerichtet werden, sodass Energie immer nur dann
erzeugt wird, wenn wenig Wind und Sonne zur Verfügung stehen. Biomasse soll auf
dieser Grundlage eine beständige Rolle im Energiesystem spielen. Die vor allem
landwirtschaftlich geprägten Biogasanlagen sollen erhalten und allenfalls
moderat ausgebaut werden. Wir wollen eine umfassende Biomassestrategie
entwickeln, welche die Verfügbarkeit von Biomasse, den Biodiversitätsschutz und
Aspekte der Kaskadennutzung berücksichtigt.
Speicher und Wasserstoff als Partner der Erneuerbaren mitdenken
Zur Sicherung der erforderlichen Leistung setzen wir auf Speichertechnologien
und Wasserstofffähige Gaskraftwerke
als Partner der Erneuerbaren Energien um eine steuerbare, gesicherte
Leistung bereitzustellen. (Glossar) Zur Finanzierung solcher Kraftwerke, die
teilweise nur wenige Stunden im Jahr laufen müssen beteiligen wir uns bei
Entwicklung von Konzepten auf der Bundesebene. Den Hochlauf der
Wasserstoffwirtschaft entlang der sächsischen Wasserstoffstrategie auf der
Grundlage von grünem Wasserstoff (Glossar) wollen wir vorantreiben und
fortentwickeln.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die wichtigen Projekte von gemeinsamem
europäischen Interesse (IPCEI) und wollen die Wasserstoffunion der sächsischen
Hochschulen stärken. Dennoch ist klar, dass grüner Wasserstoff in den kommenden
Jahren eine knappe und wertvolle Ressource bleiben wird, die primär für die
Dekarbonisierung der Wirtschaft benötigt wird.
Sparsam und effizient mit Energie umgehen
Auch in einem Energiesystem auf Basis günstiger Erneuerbarer gilt: am
günstigsten ist eine Kilowattstunde, die gar nicht erst erzeugt werden muss.
Wir setzen uns für einen verantwortungsvollen und sparsamen Umgang mit Energie
in allen Lebensbereichen ein. Energieeffiziente Geräte senken den individuellen
Strombedarf. Gedämmte Gebäude tragen zur Senkung des Wärmebedarfs bei.
Elektrofahrzeuge benötigen weniger Energie als Verbrenner. Beratungsangebote zum
Energiesparen, wie sie zum Beispiel die Verbraucherzentrale anbietet, wollen wir
weiter stärken. Wir wollen die sächsische Industrie, das Gewerbe und Handwerk
dabei unterstützen, die von der Deutschen Energie Agentur (dena)
diagnostizierten Einsparpotentiale von 30% zu heben und dadurch ihre
Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die öffentliche Hand soll hier mit gutem
Vorbild vorangehen.
Sozial gerechte Wärmewende in Sachsen voranbringen
Efficiency First gilt erst recht für alle Maßnahmen im Gebäudebereich.
Energetische Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle sind der entscheidende
Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs, was sie zugleich zu den wirksamsten
Maßnahmen zur Verhinderung von Energiearmut macht. Eine Förderung soll
energetische Modernisierung und den Heizungstausch fossiler Anlagen vor allem
für den sozialen Mietmarkt einschließlich Genossenschafts- und Sozialwohnungen
unterstützen. Diese soll gekoppelt werden mit Energieberatungsangeboten von
lokalen Akteur*innen wie Sozialamt, Stadtwerken, freien Trägern der
Wohlfahrtspflege und neutralen Anbieter*innen. Das seit 2015 in Leipzig
etablierte Modellprojekt zur Koordinierung der Energieberatung für
einkommensschwache Haushalte soll zur Umsetzung auch für weitere sächsische
Kommunen geprüft und unterstützt werden.
Die öffentliche Hand hat bei der energetischen Modernisierung eine
Vorbildwirkung. Deshalb sollten Kommunen wie auch der Freistaat in eigenen
Liegenschaften Vorreiter beim Einsatz von Heizungen auf Basis erneuerbarer
Energien und die energetische Modernisierung sein, für ein deutlich
frühzeitigeres Erreichen von Klimaschutzzielen und für das frühzeitige
Übertreffen von bundesgesetzlichen Mindeststandards im Bestand und Neubau sein.
Wir fordern eine Solarpflicht für öffentliche Liegenschaften bei Neubau und
grundlegender Sanierung – für Photovoltaik und Solarthermie je nach
Nutzungsmöglichkeiten. Um Kommunen bei der Wärmewende zu unterstützen, wollen
wir die von uns BÜNDNISGRÜNEN eingeführte kommunale Klimamillion als Klimabudget
verstetigen und die Mittel dafür erhöhen.
Durch kommunale Wärmeplanung Lösungen vor Ort finden
Beim Umbau zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung fällt den Kommunen eine
besondere Verantwortung zu. Die kommunale Wärmeplanung ermittelt für das
Gemeindegebiet, was die besten Lösungen für eine klimaneutrale und zugleich
effiziente und preisstabile Wärmeversorgung sind. Gemeinsam mit lokalen Akteuren
werden konkrete Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt und Planungs- und
Investitionssicherheit für Haushalte und Unternehmen geschaffen.
Der Freistaat muss für deren Gelingen jedoch neben der Aufnahme entsprechender
landesspezifischer Regelungen zur kommunalen Wärmeplanung in das
Klimaschutzgesetz auch eine ausreichende Ausstattung der Kommunen sichern. Wir
wollen zudem eine bedarfsgerechte Förderkulisse erstellen und einen Ausbau der
Netzwerke sowie Informations- und Beratungsangebote für Bürger*innen und
Kommunen erreichen. In der Sächsischen Landesenergieagentur SAENA haben wir
neben dem bundesweit agierenden Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende in Halle
dafür bereits eine kompetente Beratungsstelle auf Landesebene geschaffen. Dies
soll vor allem Kooperationen verschiedenster Akteur*innen vom Stadtwerk über
Bürgerenergiegenossenschaften bis zu lokalen Unternehmen stärken. Pläne zu
überregionalen und sogar grenzüberschreitenden Maßnahmen wie dem Aufbau eines
gemeinsamen Fernwärmenetzes von Görlitz und Zgorzelec sollen besonders
unterstützt werden.
Wärmeversorgung mit effizienten Technologien sichern
Welche klimaneutralen Technologien für Fern- und Nahwärme eingesetzt werden,
soll sich vor allem an deren Versorgungssicherheit und ihrem Preis bemessen.
Insbesondere Wärmepumpen bieten hier große Potentiale. Ob diese am
effizientesten Wärme aus Flüssen und Seen, Grubenwasser, Abwässern, dem Boden
oder der Umgebungsluft gewinnen können, ist gemäß den örtlichen Bedingungen in
der kommunalen Wärmeplanung zu ermitteln. Auch industrielle Abwärme,
großflächige Solarthermie und Power-to-heat-Anlagen (Glossar) können dabei
Berücksichtigung finden. Den Bau weiterer Restmüll- oder
Ersatzbrennstoffkraftwerke zur Energie- oder Wärmeerzeugung sehen wir hingegen
äußerst kritisch. Stattdessen wollen wir Abfallvermeidung und
Kreislaufwirtschaft stärken.
Neben Fern- und Nahwärmenetzen werden viele Haushalte und Unternehmen
individuelle Lösungen für ihre Wärmeversorgung benötigen. Dezentrale Wärmepumpen
können auch hier in vielen Fällen eine klimafreundliche und kostengünstige
Wärmeversorgung gewährleisten. Die Bereitstellung von Strom und Wärme durch
Sonnenenergie kann die Wärmeversorgung von Gebäuden sinnvoll ergänzen. Einer
individuellen Wärmeversorgung vorrangig durch Wasserstoff, Biomasse und Holz
stehen wir kritisch gegenüber, da die Verfügbarkeit in großen Mengen
perspektivisch nicht gewährleistet werden kann und damit ein Investitionsrisiko
entsteht. Energieträger aus Biomasse können lokal im Einzelfall jedoch
wirtschaftlich bzw. als Übergangslösung sinnvoll sein. Wo Holz genutzt wird,
stellen Kurzumtriebsplantagen eine bessere Alternative zur konventionellen
Waldbewirtschaftung dar. Wir setzen uns dann für möglichst effiziente
Nutzungskonzepte auf Quartiersebene ein.
Energiewende gemeinsam umsetzen
Damit die Energiewende gelingt, muss ein möglichst großer Anteil der
Gesellschaft dafür aktiv einbezogen werden. Um die Akzeptanz zu erhöhen, müssen
die Vorteile einer grünen Energieversorgung noch besser spürbar werden. Deshalb
müssen die Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass sie der Vielzahl
verschiedenster Akteur*innen gerecht werden und weiterhin attraktive Bedingungen
für Modelle der Bürger*innenenergie und dezentrale Anlagen in Quartieren bieten.
Die Möglichkeiten der Beteiligung und finanziellen Teilhabe der Bürger*innen
wollen wir ausschöpfen und Energiegenossenschaften durch Beratung,
Bereitstellung von Flächen und die Befreiung von Ausschreibungspflichten
besonders unterstützen. Auch Modelle zur Nahwärmeversorgung auf
genossenschaftlicher Basis sollen ermöglicht werden. Durch die Stärkung und den
Ausbau niederschwelliger Beratungsangebote, z.B. bei der SAENA, wollen wir
Unsicherheiten weiter abbauen und allen Bürger*innen eine individuelle Teilhabe
an der Energiewende ermöglichen.
Kohleausstieg verantwortungsvoll beschleunigen
Der Kohleausstieg muss deutlich vor 2038 kommen. In Sachsen darf nicht mehr
Kohle verbrannt werden, als das deutsche 1,5 Grad-Budget erlaubt. Dies ist
klimapolitisch, aber auch darüber hinaus notwendig. Nur ein planvoller
frühzeitiger Ausstieg bietet die Chance, Versorgungssicherheit jenseits
steigender Kohle- und CO2-Emissionspreise langfristig sicherzustellen. Kohle
wird schon deutlich vor 2038 nicht mehr wettbewerbsfähig sein und bedroht damit
die Energiepreise über Sachsen hinaus. Daher gilt es jetzt die Rahmenbedingungen
für einen frühestmöglichen Ausstieg aus der Kohle zu schaffen, um die
energiepolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Risiken eines
ungesteuerten oder zu späten Ausstiegs zu vermeiden.
Der polnische Tagebau Turów, direkt an der Grenze zu Deutschland und Tschechien,
ist einer der größten Tagebaue, Luftverschmutzer und Naturzerstörer Europas,
dessen Auswirkungen wir auf sächsischer Seite der Grenze deutlich spüren. Wir
stehen an der Seite der polnischen Tagebaugegner*innen klar gegen eine weitere
Verlängerung des Kohletagebaus in Turów. Diese steht einer Einhaltung der
Klimaziele entgegen. Daher fordern wir EU-rechtlich korrekte
grenzüberschreitende Prüfverfahren für die Umweltverträglichkeit. Sächsischen
Kommunen wie Zittau, denen infolge des drastisch sinkenden Grundwasserspiegels
Bodensenkungen drohen, sagen wir unsere Unterstützung zu.
Wir setzen uns für den Erhalt des Dorfs Mühlrose/Miłoraz ein. Die
darunterliegende Kohle ist erwiesenermaßen energiewirtschaftlich nicht
notwendig. Aus der 1,5-Grad-Grenze folgt für uns BÜNDNISGRÜNE ganz klar: Kein
Dorf darf mehr der Kohle geopfert werden.
Kohleregionen zu Erneuerbaren Energieregionen umbauen
Wir wollen die häufig gut geeigneten Bergbaufolgeflächen für Wind- und
Solarparks nutzen, soweit dies regional ausgewogen geschieht. Wir kämpfen dafür,
dass diese Flächen aber insbesondere Bürger*innenenergiegenossenschaften, dem
sächsischen Mittelstand, Stadtwerken und Crowd-Investing-Unternehmen (Glossar)
für die Umsetzung Erneuerbarer Energien-Projekte zugänglich gemacht werden und
nicht nur Kohlekonzerne zum Zuge kommen. Dennoch unterstützen wir deren
Transformation hin zu zukunftsfähigen Geschäftsmodellen und begrüßen deren
Beitrag zur sächsischen Energiewende. Wir wollen damit den Braunkohleregionen
den Weg bereiten, ihre energiewirtschaftliche Bedeutung und die damit verbundene
Wertschöpfung zu erhalten.
Finanzierung der Bergbaufolgekosten sicherstellen
Die Wiedernutzbarmachung von Tagebaufolgeflächen ist eine Jahrhundertaufgabe.
Wir stehen dafür ein, dass die Tagebaubetreiber diesbezüglich ihre gesetzlichen
Pflichten erfüllen und die dafür nötige Finanzierung bereitstellen. Ein
ungesteuerter Kohleausstieg oder einer Insolvenz der Kohlesparte des
Tagebauunternehmens in der Lausitz zählen zu den größten Haushaltsrisiken für
den sächsischen Staatshaushalt. Um diese Risiken für öffentliche Haushalte
abzuwenden, wollen wir die Betreiber zu risikoangepassten Einzahlungen in die
Sondervermögen der Zweckgesellschaften oder entsprechenden Sicherheitsleistungen
verpflichten.
Auch langfristige Bergbaufolgekosten etwa in Bezug auf den Wasserhaushalt und
den Eintrag von Sulfaten, Eisenverbindungen und anderen Stoffen müssen dabei mit
in den Blick genommen werden. Für den Umgang mit Eisenockerschlamm setzen wir
BÜNDNISGRÜNE uns für ein wissenschaftliches Modellprojekt ein.
Als zusätzliches Instrument für die Bewältigung der langfristigen Kosten und
Aufgaben schlagen wir BÜNDNISGRÜNE eine Braunkohlefolgenstiftung gemeinsam mit
dem Bund sowie den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt vor. Diese darf aber
nicht dazu dienen, dass heutige oder frühere Tagebaubetreiber sich ihrer
Pflichten entledigen.
Klimaneutral und ressourcenschonend bauen
Im Bausektor liegen enorme Potentiale zur Schonung von Böden, Rohstoffen und zur
Einsparung von Energie und Treibhausgasen. Neben der Betriebsenergie schlagen
dabei auch Emissionen und Rohstoffe bei der Gewinnung und Herstellung von
Baustoffen sowie dem Rückbau entscheidend zu Buche. Eine ungebremste
Flächeninanspruchnahme (Glossar) treibt mit den damit verbundenen neuen
Siedlungs- und Verkehrsflächen die Klimakrise weiter an. Wir verstehen daher den
Erhalt und die Sanierung von Bestandsbauten als Schlüssel zum Klimaschutz,
wollen Umbau und Umnutzung gegenüber dem Neubau priorisieren und dies als neues
Leitbild im Bauwesen verankern. Die Sächsische Bauordnung wollen wir deshalb im
Sinne einer „Umbauordnung“ weiterentwickeln und das Bauen im Bestand durch
vereinfachte, kostengünstigere Standards erleichtern. Für öffentliche
Tiefbauprojekte (Infrastruktur) streben wir die Entwicklung und Umsetzung
geeigneter Nachhaltigkeitsstandards an. Eine verpflichtende Abrissanzeige auf
Basis von Ökobilanzen, sowie verpflichtende Bauteilsichtungen vor Rückbau würden
die wertvollen Bauprodukte in Gebäuden schützen. Um einfaches und
experimentelles Bauen zuzulassen setzen wir uns für die Einführung einer
Gebäudeklasse E ein. Unser Ziel ist, im Bestand gebundene Rohstoffe und Energie
zu erhalten. Mithilfe von Regelungen für die Zulassung von wiederverwendeten
Bauprodukten und durch die Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses
wollen wir zu einer Betrachtung des Lebenszyklus‘ im Bausektor kommen. Der Pass
soll in Anlehnung an die europäischen Bestrebungen in ein digitales
Gebäudelogbuch eingespeist werden, in dem BIM-basierte Daten von Gebäuden
erfasst und in dem zusätzlich der Energieausweis aufgenommen werden kann.
Wir setzen uns für eine vorrangige Förderung der Reaktivierung von aus der
bisherigen Nutzung gefallenen Gebäuden, wie beispielsweise Bahnhöfen,
Kaufhäusern, Industriebauten oder Kirchen, sowie von Um- und Zwischennutzungen
im Rahmen der
Städtebauförderung ein. Der Rückbau von Gebäuden und Infrastruktur soll soweit
wie möglich vermieden werden. Für Neubauten streben wir weitgehende
Klimaneutralität und Ressourcenschonung über den gesamten Lebenszyklus an – von
den eingesetzten Baustoffen über die Errichtung und den Betrieb bis zum Rückbau.
Dabei wollen wir durch finanzielle Anreize, Standards und die Vorbildrolle der
öffentlichen Hand dafür sorgen, dass der Einsatz nachwachsender und
kreislauffähiger Baustoffe selbstverständlich wird. Wir machen uns dafür stark,
schrittweise die Wiederverwendung von Baustoffen und -produkten als
Planungsprinzip zu verankern. Der größte Hebel im Gebäudebereich zur Erreichung
der Klimaziele und zugleich wirtschaftlich geboten ist die energetische
Ertüchtigung des Bestandes, welche rechtlich verbindlich durch die EU-
Gebäuderichtlinie gefordert wird. Wir machen uns dafür
stark, dass der Freistaat seine Vorbildrolle dafür wahrnimmt und seine
Immobilien konsequent mit dem Ziel eines vollständig klimaneutralen
Gebäudebestandes bis 2035 modernisiert. Den Sächsischen Staatsbetrieb
Immobilien- und Baumanagement (SIB) wollen wir darauf sowie auf Klimaneutralität
als Standard für alle Planungen für öffentliche Neubaugebäude ab dem Jahr 2025
verpflichten. Digitale Bauplanung und -dokumentation sollen bei öffentlichen
Bauten Standard werden. Fachkräfte im Handwerk, Planende und Bauausführende
wollen wir mithilfe der Sächsischen Energieagentur (SAENA) für klimagerechtes
Planen und Bauen sensibilisieren und weiterbilden. Zudem streben wir die
Einrichtung eines anwendungsorientierten Kompetenzzentrums für nachhaltiges
Planen und Bauen von Gebäuden, Freiflächen und Infrastruktur in Sachsen an,
welches seinen Schwerpunkt im Bereich der Bauherrenberatung und Unterstützung
unserer Kommunen in diesen Bereichen hat. Die SAENA wollen wir beauftragen,
private, und öffentliche Eigentümer für besonders nachhaltige, kreislauffähige,
energieeffiziente oder flächensparende Modernisierung, Neu- oder Umbauten mit
der Verleihung von „Grünen Hausnummern“ (Glossar) auszuzeichnen und zu würdigen.
Insgesamt gilt es, den Landesentwicklungsplan als Grundlage für die
Raumordnungspläne in Verbindung mit dem Landesverkehrsplan weiterzuentwickeln.
Autogerechte Einkaufsstätten und der Bau von autoabhängigen Wohnstätten gehören
auf den Prüfstand. Dem Konzept der „Stadt der kurzen Wege“ folgend sollen die
Raumordnungspläne stärker darauf abzielen, Wege zu verkürzen, den Flächenfraß
einzuschränken und die gemeinschaftliche Lebensqualität zu steigern und das
gleichermaßen für Städte und Ortschaften. Instrumente wie die Städtebauförderung
und die Wohnraumförderung sollen diese Entwicklung unterstützen.
Vorsorge gegen die Klimakrise treffen
Bereits jetzt sind die Auswirkungen des Klimawandels deutlich spürbar, in Form
von Extremwetterereignissen, von Hitze und Dürre bis zu Starkregen und
Überflutungen. Dabei gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge.
Anpassungsmaßnahmen sind unverzichtbar, denn sonst drohen massive
gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden. Dass sich Investitionen in
präventiven Klimaschutz auszahlen, wird klar, wenn die Kosten dafür mit dem
drohenden Schaden ins Verhältnis gesetzt werden.
Städte und Regionen klimaangepasst planen
Gewässer, Wälder, Wiesen, Felder sowie Parks und städtische Grünflächen sind
unsere natürlichen Ressourcen zur Reinhaltung der Luft, zum Schutz vor Hitze und
zur Speicherung von Wasser. Um uns an die Auswirkungen des Klimawandels
anzupassen und uns vor Extremwetterereignissen bestmöglich zu schützen, drängen
wir darauf, unsere sogenannte blaue und grüne Infrastruktur in der Stadt- und
Regionalplanung zu verankern und in ämterübergreifenden Planungsprozessen
systematisch mit sogenannter grauer (Gebäude-) Infrastruktur zu verkoppeln. Das
Netzwerk natürlich gewachsener und (naturnah) angelegter Wasser- und Grünflächen
soll so effektiv ausgebaut und mit technischer Wasserinfrastruktur verbunden
werden.
Unser Ziel ist es, Dorfentwicklung und Stadtplanung konsequent am Konzept der
Schwammfähigkeit von Landschaften auszurichten und natürlich vorhandene wie auch
technisch angelegte Versickerungsflächen und Speicher zu fördern. So kann
beispielsweise mithilfe von Grünflächen und Feuchtgebieten, versickerungsfähigen
Verkehrsflächen oder Mulden und Rigolen Regenwasser vor Ort aufgenommen und
gespeichert werden, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten. So wird das
Wasser nicht dem Wasserkreislauf entzogen, sondern vor Ort gehalten und steht in
Trockenzeiten zur Verfügung. Für neue Baugebiete streben wir
Schwammstadtkonzepte als Standard an. Um Trinkwasser zu sparen und Kläranlagen
zu entlasten, wollen wir die Grauwassernutzung (Glossar) im Wohnungs- wie
Gewerbebau voranbringen
Mit Begrünung für Abkühlung sorgen
Wir wollen gerade in den ländlichen Regionen die Lebensqualität und das
Wohlbefinden der örtlichen Bevölkerung stärken. Deshalb kämpfen wir dafür, den
Gehölzbestand in Sachsen in Form von Straßenbäumen, Streuobstwiesen und
Sträuchern zu erhalten und schrittweise zu erhöhen. Zusätzliche Potenziale dafür
sehen wir bei der Verschattung von Radwegen durch Baumpflanzungen sowie der
Schließung von Lücken durch Sträucher entlang von Straßen. Dies ist ein
wichtiger Beitrag zur Speicherung von klimaschädlichem CO2, zur Kühlung und
Reinigung der Luft, zur Verschattung, Lärmminderung und für ein natürliches
Wassermanagement in Stadt und Land.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Alleen, für deren Erhalt und Neuanlage
wir eine Förderung durchsetzen konnten. Um das Bewusstsein für deren
ökologischen Wert zu steigern, wollen wir den Wettbewerb „Schönste Allee in
Sachsen“ ausrufen. Uns ist dabei wichtig, dass wir dazu die vorrangige Nutzung
von Gehölzen aus sächsischen Baumschulen festschreiben und die Kooperation der
öffentlichen Hand mit den grünen Branchen in Sachsen forcieren. Indem wir
begrünte Gebäude und Infrastruktur, wie zum Beispiel Dach-, Wand-, Fassaden- und
Gleisbettbegrünung, ausbauen und fördern, sorgen wir besonders in urbanen
Gebieten für zusätzliche Abkühlung. Besonders hitzebelastete Flächen wie zum
Beispiel Schulhöfe, Innenhöfe und Parkplätze sollen entsiegelt und durch
Bepflanzung verschattet werden. Von uns eingeführte Fördermöglichkeiten des
Freistaates wie die Förderrichtlinie Stadtgrün wollen wir ebenso wie die
Förderrichtlinie Natürliches Erbe fortführen und bedarfsgerecht
weiterentwickeln, um die Anpassung an den Klimawandel in Sachsen zu verbessern.
Entsprechende Vorgaben für Begrünung, Wasserrückhalt und Entsiegelung wollen wir
landesrechtlich verankern.
Flächenverbrauch und Versiegelung reduzieren
Mit Flächen ist sorgsam und verantwortungsvoll umzugehen - das betrifft das
Gewerbe ebenso wie Rohstoffabbau, Verkehrsflächen und den Wohnungsbau. Die
aktuelle Koalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, den
Flächenfraß in Sachsen deutlich zu verringern. Dies ist uns bislang nicht
gelungen und es bedarf deutlich stärkerer Anstrengungen. Für uns BÜNDNISGRÜNE
ist schon lange klar: Es braucht eine Netto-Null-Flächenversiegelungsstrategie
für Sachsen. Denn die dramatische Zunahme der Flächenversiegelung in Sachsen ist
vor dem Hintergrund der enormen Klima- und Umweltauswirkungen nicht mehr
akzeptabel.
Für uns BÜNDNISGRÜNE steht fest: Ackerflächen und Wiesen sollten nicht ohne
Weiteres für gewerbliche Zwecke oder andere Baumaßnahmen umgewandelt werden. Um
neue Industrie- und Gewerbeansiedlungen zu ermöglichen, müssen wir alles dafür
tun, Bestandsflächen zu aktivieren und zu nutzen, das Flächenrecycling zu
verstärken und Brachflächen zu revitalisieren. Die Sanierung und Wiederbelebung
von brachliegenden Industrieflächen muss immer Vorrang vor Neuversiegelungen
haben. Bei der Ausweisung neuer Siedlungs- und Gewerbeflächen wollen wir die
Umsetzung von Kompensation besser kontrollieren, verstärkt auf Entsiegelung
setzen und hierfür die kommunenübergreifende Zusammenarbeit stärken. Zugleich
setzen wir uns für die stärkere Beratung von Kommunen für die
Innenraumentwicklung ein, um Leerstand entgegenzuwirken und attraktive Ortskerne
und Innenstädte zu schaffen.
Auch im Rahmen der sächsischen Förderpolitik wollen wir flächensparendes Bauen
ermöglichen und zusätzliche Anreize bieten, in die Höhe statt in die Fläche zu
bauen. Wir BÜNDNISGRÜNE wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die sogenannte
vertikale Nutzungsmischung in Sachsen voranzubringen. Sie bedeutet, dass Gebäude
nicht nur einseitig genutzt, sondern verschiedene Nutzungen wie beispielsweise
der Jugendclub auf dem Supermarktdach miteinander kombiniert werden, anstatt
eingeschossig zu bauen. Statt eingeschossig zu bauen, setzen wir zum Beispiel
auf den Sportplatz auf dem Supermarktdach. Für die Kommunen braucht es
ausreichend finanzielle Spielräume und Anreize, um verstärkt in die Höhe zu
bauen und bereits versiegelte Flächen effizienter zu nutzen.
Bündnis 90/ DIE GRÜNEN Sachsen begrüßen Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen
und erhalten wollen. Expandierende oder sich neu ansiedelnde Unternehmen
benötigen dafür zusätzliche oder neue Flächen. In Zeiten der fortschreitenden
Klima- und Biodiversitätskrise und von Ressourcenknappheit müssen dabei neue
Wege beschritten werden, um Flächeninanspruchnahmen zu minimieren.
Biotopverbünde sowie land- und forstwirtschaftliche Flächen müssen geschützt
werden. Ein absoluter Vorrang muss der Erschließung von bereits versiegelten und
ungenutzten Flächen eingeräumt werden. Unter diesen Gesichtspunkten müssen die
bisherigen Planungen für das Industriegebiet Wiedemar und den Industriepark
Oberelbe einer Neubewertung unterzogen werden. Sollte unter Berücksichtigung der
vorstehenden Prämissen ein Eingriff in land- und forstwirtschaftliche Flächen
unvermeidbar sein, können diese Flächen nur dem Prinzip der Netto-Null-
Versiegelung folgend bebaut werden, wenn andernorts in Sachsen Entsiegelungen in
vergleichbarer Größe vorgenommen werden. Die Ausweisung neuer Gewerbe- und
Industriegebiete stellen wir unter den Vorbehalt einer optimalen Erschließung
dieser Gebiete durch den ÖPNV.
Gesunde Natur und saubere Umwelt schützen
Sachsen ist reich an natürlicher Vielfalt. Das, was die Schönheit unserer Natur
ausmacht, ist gleichzeitig die Existenzgrundlage für eine lebenswerte Zukunft.
Wir sind entschlossen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, indem
wir das Artensterben wirksam verlangsamen. Wir leiten die Trendwende ein, indem
wir Artenschutz in einem integrierten Ansatz bei jeder Form der Landnutzung von
der Landwirtschaft, Waldbewirtschaftung und Gewässerentwicklung bis hin zu
Wirtschaft und Stadtentwicklung systematisch berücksichtigen. So schaffen wir
Synergien mit Klimaschutz und Klimaanpassung, mit Stadtgrün, Auenentwicklung und
Moorrenaturierung bis hin zur naturschutzfachlichen Aufwertung bei Freiflächen-
PV.
Es ist uns gelungen, den Umwelt- und Naturschutz in Sachsen deutlich zu stärken
und so unsere Bäume, Auen, Moore und Wälder besser zu schützen. Diese Maßnahmen
fortzuführen ist unverzichtbar, weitere zu ergreifen dringend geboten. Dafür
kämpfen wir auch in Zukunft mit aller Entschlossenheit. Ein besonderer Fokus
liegt auf den drängenden Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Schutz von
Wasser.
Natürliche Artenvielfalt erhalten
Wir setzen uns für konsequenten Artenschutz ein. Mit dem Biodiversitätsprogramm
„Sachsens Biologische Vielfalt“ gehen wir diese zentrale Herausforderung
umfassend an. Wir denken und handeln länderübergreifend und wollen die neuen EU-
rechtlichen Rahmenbedingungen des Nature Restoration Law (Europäisches Gesetz
zur Wiederherstellung der Natur) nutzen, um interregionale Projekte zum Schutz
von Natur und Biodiversität umzusetzen. Wir machen uns für den Erhalt und die
Verbesserung sächsischer Schutzgebiete im Rahmen des europäischen Natura-2000-
Netzes stark und wollen das bestehende Verbundsystem aus Naturschutzflächen in
der Kulturlandschaft weiter vernetzen. Der Nationalpark Sächsische Schweiz ist
ein Schatz, den wir erhalten wollen. Eine Umwandlung in einen Naturpark ist mit
uns nicht zu machen. Vielmehr wollen wir den Nationalpark weiterentwickeln und
damit die gesamte Nationalparkregion stärken. Wir sorgen und für mehr Qualität
von Schutzgebieten, indem wir das Besuchermanagement evaluieren und verbessern.
Wir wollen unsere Anstrengungen zur Wiederherstellung von zerstörter Natur
fortsetzen und orientieren uns dabei an den Zielsetzungen der EU.
Wir arbeiten unter Hochdruck an der Rettung und Wiedervernässung unserer
sächsischen Moore und wollen diesen unverzichtbaren Beitrag für den natürlichen
Klimaschutz und die Artenvielfalt auch in Zukunft absichern.
Mit uns wird das bestehende und in den letzten Jahren gestärkte Netz an
Naturschutzstationen, Landschaftspflegeverbänden und Umweltbildungseinrichtungen
abgesichert und weiterentwickelt.
Damit sowohl der Wolf, als auch die Weidetierhaltung eine Zukunft im Freistaat
haben, entwickeln wir das sächsische Wolfsmanagement entlang der europäischen
und bundespolitischen Rahmensetzung weiter.
Wir unterstützen die Landwirtschaft beim Verzicht auf die Nutzung von chemisch-
synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Wir BÜNDNISGRÜNE streben trotz der
Verlängerung der Zulassung von Glyphosat auf europäischer Ebene weiterhin eine
deutliche Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln an und
unterstützen dafür die Entwicklung alternativer Techniken und Verfahren.
Behörden wollen wir so ausstatten, dass sie in der Lage sind, Kontrollen und die
Ahndung von Verstößen bei nicht sachgemäßer Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
und Bioziden durchzuführen. Gleichzeitig fördern wir mehr regionales sowie
widerstandsfähiges Saat- und Pflanzengut.
Wir werden die Imkerei in Sachsen weiter fördern und deren Förderung
grundsätzlich neu aufstellen. Unser Ziel ist, Imkerei und damit zusammenhängende
Bildungsprojekte nicht nur über Verbandsstrukturen zu fördern, sondern wollen
auch nicht verbandlich organisierte Imker*innen und Akteur*innen unterstützen.
Die Perspektiven von Akteur*innen in Naturschutz, Landwirtschaft und Kommunen
bringen wir auf dem wichtigsten gemeinsamen Nenner zusammen: dem Anliegen,
unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Wir fördern deren
Zusammenarbeit als wichtige Schnittstelle. Naturschützer*innen und
Naturschutzhelfer*innen sagen wir auch weiterhin unsere Unterstützung in ihrer
wichtigen Arbeit zu, so dass Beratungsangebote und Vorgaben zur Mittelverwendung
den tatsächlichen Bedarfen entsprechen. Mit Digitalisierungsmaßnahmen und
Professionalisierung wollen wir die Förderung von Naturschutz noch besser an die
bestehenden Anforderungen anpassen. Dazu zählt die Verbesserung von
Möglichkeiten einer Vorauszahlung von Fördermitteln, um Verbände bei der
Umsetzung großer Naturschutzprojekte zu stärken und ihr wirtschaftliches Risiko
zu minimieren.
Naturschutz ist auch ein zentrales Anliegen unserer Städte und Voraussetzung für
die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels, für die
urbane Räume besonders anfällig sind. Neben Freiflächen, Wiesenflächen,
Sträuchern, Alleebäumen und Einzelbäumen verfolgen wir den Ansatz von (essbaren)
Waldgärten, sogenannten Tiny (Food) Forests, (Glossar) als kleine und besonders
dichte Wälder in städtischen Gebieten mit einem hohen Nutzen für Artenschutz,
Luftverbesserung und Kühlung auf vergleichsweise kleinen Flächen. Mit urbanen
Naturverbundräumen schaffen wir Kühlung und saubere Luft in den Städten,
Versickerungsflächen für Regenwasser und Rückzugsorte für Tiere.
Wir wollen prüfen, wo grundständige (institutionelle) mehrjährige Förderungen in
diesem Bereich zukünftig ermöglicht werden können, um Verwaltungsaufwand auf
allen Seiten zu senken und Kontinuierlichkeit (Sicherheit für Akteur*innen) zu
erhöhen.
Wälder widerstandsfähig machen
Waldschutz und Klimaschutz bedingen sich gegenseitig: Wälder speichern immense
Mengen an klimaschädlichem CO2, gleichzeitig ächzen sie unter den Folgen der
globalen Erwärmung durch den Klimawandel. Unser Ziel ist, den Rückgang von
Waldflächen umzukehren, den Waldbestand zu erhalten und Waldflächen auszubauen.
Wir halten am Ziel einer deutlichen Waldmehrung fest und wollen die Umwandlung
von Wald in andere Flächennutzungsformen strikt an die Bedingung knüpfen, dass
an anderer Stelle neue Waldflächen entstehen. Finanzielle Abgeltungen von
Waldumwandlungen lehnen wir entschieden ab.
Private Waldbesitzer leisten mit der Pflege und Unterhaltung von Waldflächen
einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Artenschutz. Diese öffentlichen
Leistungen wollen wir auch weiterhin anhand klarer Kriterien im Sinne des
Gemeinwohls mit öffentlichen Geldern fördern.
Unter unserer Verantwortung wurde die Förderung - unabhängig von der
Eigentumsart - auf einen integrativen, naturgemäßen Waldumbau ausgerichtet, der
unsere Wälder für den Klimawandel fit macht und den Artenschutz stärkt. Damit
diese ihren Zweck erfüllt, gestalten wir die Förderung möglichst unbürokratisch
und ermöglichen insbesondere Maßnahmen zur Pflege von Neupflanzungen. Dazu
verfolgen wir ambitionierte Ziele. Die von uns initiierten Beispielreviere des
Sachsenforsts strahlen auch auf Privat- und Körperschaftswald aus. Entsprechend
der Nationalen Biodiversitätsstrategie sollen auf mindestens fünf Prozent der
sächsischen Waldflächen großräumige Prozessschutzflächen entwickelt werden.
Wildnisgebiete wie die Königsbrücker Heide wollen wir dafür bereitstellen und
stärker in den länderübergreifenden Biotopverbund integrieren. Im sächsischen
Staatswald soll zudem ein Netz an Biotopbaum-Habitatstrukturen ausgewiesen und
erhalten werden.
Dass Holz als ein heimischer und nachwachsender Rohstoff zunehmend an Bedeutung
gewinnt, begrüßen wir und streben dafür eine verantwortungsvolle wirtschaftliche
Nutzung der wertvollen Ressource an. Entsprechend dem von uns in der Neuen
Sächsischen Rohstoffstrategie verankerten Kaskadenprinzips soll einer
langlebigen Nutzung beispielsweise im Bau Vorrang eingeräumt und gleichzeitig
der Anteil an Holz, der verbrannt wird, deutlich reduziert werden.
Sachsen entwickelte sich Anfang des 20 Jahrhunderts zur Wiege des modernen,
industriellen Holzbaues. Das von uns BÜNDNISGRÜNEN initiierte neu gegründete
Holzbaukompetenzzentrum wollen wir in einem sanierten oder neu gebauten Holzbau
als feste Adresse für Planer*innen, Handwerker*innen und Bauherr*innen mit
sachsenweiter Ausstrahlung etablieren.
Wir haben in den letzten Jahren erreicht, dass ein Drittel des Staatswaldes nach
FSC-Zertifizierung bewirtschaftet wird und wollen dies auf die gesamte Fläche
des Staatswaldes ausweiten, um die Waldbewirtschaftung nachhaltiger zu machen
und Vermarktungsvorteile zu nutzen. Für die Forstwirtschaft in Flora-Fauna-
Habitat-Gebieten (FFH-Gebiete) fordern wir verbindlichere Regeln für
Umweltverträglichkeits- und FFH-Prüfungen. Mit einem Förderprogramm wollen wir
Anreize für den Einsatz von Rückepferden in der Waldbewirtschaftung schaffen.
Wir setzen uns zudem dafür ein, dass „Holz von hier“ stärker bei öffentlicher
Vergabe berücksichtigt wird und übernehmen damit auch Verantwortung für den
weltweiten Waldschutz.
Mit Wasser achtsam umgehen
Ohne Wasser gibt es kein Leben. Ohne sauberes Wasser gibt es keine lebenswerte
Zukunft. Wir arbeiten an einer umfassenden sächsischen Wasserstrategie ausgehend
von der unter unserer Verantwortung erarbeiteten Grundsatzkonzeption
„Wasserversorgung 2030“ und der Strategie „Wasserrückhalt in der Fläche“.
Oberste Priorität hat dabei die Gewährleistung einer guten und sicheren
Trinkwasserversorgung sowie Abwasserentsorgung und der Schutz unserer
natürlichen Gewässer. Wir streben eine Reduzierung des Wasserverbrauchs und ein
klimaangepasstes Wassermanagement an. Dazu gehört die Wiederverwendung von
Brauchwasser in der Industrie. Wir wollen Anreize schaffen, um Spurenstoffe und
Mikroplastik in unserem Wasser zu reduzieren.
Nachhaltiger Schutz vor Wetterextremen – Starkregen wie auch Dürre – erfordert,
die gesamte Fläche in den Blick zu nehmen. Um Gewässerschutz und -unterhaltung
in einer hohen ökologischen Qualität überall in Sachsen abzusichern, streben wir
flächendeckende Zusammenschlüsse von Kommunen in Gewässerunterhaltungsverbänden
an. Ihnen wollen wir im Zusammenspiel mit den von uns eingeführten
Gewässerunterhaltungsberater*innen einen Instrumentenkoffer für gewässerkonforme
Nutzungsformen, Möglichkeiten zum Flächentausch sowie Ausgleichsflächen an die
Hand geben. Wo es möglich ist, werden wir Bäche und Flüsse auch in Städten
offenlegen und renaturieren. Mit der Umsetzung von Konzepten für schwammfähige
Landschaften, einem Stopp des Flächenfraßes, der Fortführung der in Gang
gesetzten Renaturierungen natürlicher Wasserrückhalteflächen wie Auenflächen und
naturverträglichen Methoden der Bodenbearbeitung verbessern wir die
Speicherfähigkeit des Bodens in Stadt und Land. Der Freistaat soll die Kommunen
dabei weiterhin mit Fördermitteln und Beratungsangeboten unterstützen. Dazu
wollen wir das sächsische Kompetenzzentrum für nachhaltiges Planen und Bauen als
Beratungsstelle für einen strategischen und nachhaltigen Umgang mit
Flächenkonkurrenzen und den Schwammstadt-Bau einrichten und so
Bauwerksbegrünung, versickerungsfähige Flächen und Regenwasserrückhaltung in
Sachsens Städten fördern.
Wir treten für eine konsequente und zügige Umsetzung der EU-
Wasserrahmenrichtlinie ein, um die chemische und ökologische Qualität des Grund-
und Oberflächenwassers zu verbessern. Steuergelder sind besser in Investitionen
für sauberes Wasser angelegt, als in teuren Vertragsstrafen, die bei
Nichteinhaltung drohen. Zur Renaturierung und zur Anpflanzung von
standortgerechten gewässerbegleitenden Gehölzen sollen Gewässerrandstreifen im
Sinne eines Gewässerentwicklungskorridors angelegt werden. Mit
Renaturierungsmaßnahmen entlang von Flüssen und Bächen erhalten Fließgewässer
ihre natürliche Struktur zurück und können neue räumliche Qualitäten in den
Kommunen geschaffen werden. Dies ist Naturschutz und Hochwasserschutz in einem.
Im Hochwasserschutz muss die Deichrückverlegung Priorität vor dem Deichneubau, -
sanierung und -erhöhung haben. Mit der erfolgreichen schrittweisen Umsetzung des
Auenprogramms sind wir dabei bereits vorangegangen. Mit einem Programm „100
wilde Bäche“ wollen wir gezielt kleinere Kommunen bei modellhaften
Renaturierungsprojekten unterstützen. Für den Erwerb von Flächen zur
Gewässerentwicklung und -renaturierung von Fließgewässern mit ihren Auen sowie
rund um Seen und Teiche drängen wir auf ein Budget zur Gewässerentwicklung und
Gewässerrenaturierung im Landeshaushalt und setzen uns für ein Vorkaufsrecht der
öffentlichen Hand auch für Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und
Gewässerrenaturierung ein.
Wir wollen keine Motorboote mit fossilen Brennstoffen auf Tagebaunachfolgeseen.
Die Natur, die durch den Braunkohleabbau zerstört wurde, soll sich erholen
können und Tagebaufolgeseen in erster Linie renaturiert werden. Hierfür wollen
wir das Sächsische Wassergesetz ändern.
Den Bau von Staustufen in der Elbe auf tschechischer Seite lehnen wir ab. Für
die Elbe als Sachsens größten Fluss setzen wir auf ein nachhaltiges
Gesamtkonzept für eine naturnahe Entwicklung und eine Rückstufung der
Wasserstraßenfunktion.
Weiterhin setzen wir uns für eine Erweiterung des Biosphärenreservats Mittelelbe
auf den sächsischen Teil der Elbe ein. Wir treten für die Fortführung bzw.
Wiederaufnahme des Projekts „lebendige Mulde“ ein. Die Revitalisierung der
Leipziger Aue mit ihrem Auwald wollen wir im Rahmen eines
Naturschutzgroßprojekts umsetzen und dabei einen starken Fokus auf die
Renaturierung der Hauptgewässer legen.
Wir haben den Wasserhaushalt von Bergbaufolgeflächen im Blick und wollen diesen
nachhaltig sanieren. Anstatt auf Wasserüberleitungen aus anderen Flussgebieten
setzen wir auf Wasserrückhaltung und eine angepasste Flutung von
Bergbaufolgeseen, um Verdunstung zu minimieren. Für die Finanzierung der enormen
Summen, die für eine Wiederherstellung von Natur und Landschaft benötigt werden,
fordern wir eine Beteiligung der Braunkohleunternehmen im Rahmen einer Stiftung,
die die Finanzierung der Ewigkeitskosten absichert und nicht nachfolgenden
Generationen aufbürdet. Für die bedeutsamen Zukunftsaufgaben im Bereich des
Wasserhaushalts wollen wir den Klimafonds in erheblichem Umfang stärken.
Lärm-, Licht- und Luftverschmutzung vermeiden
Saubere Luft, Lärmschutz und Lichtsparsamkeit schonen nicht nur die Umwelt,
sondern sind auch für die Gesundheit jeder und jedes Einzelnen von großer
Wichtigkeit. Dabei handelt es sich auch um eine Frage sozialer Gerechtigkeit,
denn insbesondere Menschen mit geringen Einkommen leben an Orten, wo die
Belastung durch Lärm und Abgase groß ist. Hauptverursacher von Luftverschmutzung
und Lärm ist der Verkehr. Durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung und zum
Lärmschutz, wie z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen, Begrünung und Schallschutz,
wollen wir die Aufenthaltsqualität an großen Straßen und vielbefahrenen
Bahnstrecken verbessern. Mit einer Verlagerung von mehr Transporten und Logistik
auf die Schiene sowie durch den konsequenten Ausbau von ÖPNV- und
Radverkehrsinfrastruktur wollen wir den Ausstoß von klimaschädlichen Stoffen wie
Stickstoffoxid und Feinstaub insgesamt reduzieren.
Wir setzen uns für mehr Lärmschutz ein und erklären uns solidarisch mit allen
vom Fluglärm Betroffenen. Wir unterstützen Maßnahmen zur Reduzierung von klima-
und gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Flugverkehrs und fordern dafür einen
deutlich höheren Beitrag der Frachtflugunternehmen ein. Die aktuellen
Ausbaupläne für den Frachtflughafen, die einseitig zu Lasten der Bevölkerung in
den umliegenden Städten und Gemeinden gehen, lehnen wir ab. Zur Einhaltung der
Lärmrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation muss der aktive und passive
Schallschutz im Einzugsgebiet des Flughafens deutlich verbessert werden. Dazu
fordern wir ein Aussetzen des Flugverkehrs zwischen 22 und 6 Uhr gemäß den
Empfehlungen des Umweltbundesamtes für stadtnahe Flughäfen. Eine
Weiterentwicklung zu einem Green Airport unterstützen wir.
Ein sparsamer Umgang mit Licht schützt Insekten und Vögel, spart Energie und
verbessert Gesundheit und Wohlbefinden. Deshalb wollen wir Beleuchtungssysteme
fördern, die bedarfsgerecht öffentliche und private Anlagen beleuchten, indem
sie ein- und ausgeschaltet werden können und nur jene Flächen beleuchten, wo das
Licht benötigt wird. Naturnahe Bereiche wie Bäume, Felsen und Gewässer sollen
nicht beleuchtet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass bei der Beleuchtung im
öffentlichen Raum insektenfreundliches Licht genutzt und die Lichtmenge sparsam
gewählt wird. Dafür wollen wir die Umsetzung entsprechender Regelungen für eine
naturschutz- und gesundheitsfreundliche Planung verbessern, indem die kommunale
Ebene sensibilisiert und die Erstellung von Grünordnungsplänen im Rahmen von
Bebauungsplanverfahren forciert wird.
Landwirtschaft auf Nachhaltigkeit ausrichten
Unsere Landwirtschaft ist unverzichtbar für die Versorgungssicherheit und steht
in hoher Verantwortung für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Sie
ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat, eng mit dem Schutz wertvoller
Kulturlandschaften und mit authentischen touristischen Angeboten verwoben.
Angesichts der Herausforderungen von Klimawandel und Artensterben sowie des
hohen wirtschaftlichen Drucks erbringen unsere Landwirte in Sachsen beachtliche
Leistungen. Wir treten auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene für eine
nachhaltige Landwirtschaft ein, die die Belange von Umwelt, Tier und Mensch in
einem verlässlichen Rahmen zusammenführt. Eine vielfältige, zukunftsfeste und
gesunde Landwirtschaft können wir nur gemeinsam mit allen Beteiligten in der
Landwirtschaft gestalten.
Landwirtschaft und Naturschutz unter einen Hut bringen
Landwirtschaftliche Produktivität ist auf intakte natürliche Lebensgrundlagen
angewiesen. Daher setzen immer mehr Betriebe sowie auch Verbraucher*innen auf
ökologischen Landbau. Diesen gilt es entsprechend der Nachfrage und in
Orientierung an Bundeszielen weiter zu entwickeln. Betriebe, die planen, von
konventionell auf andere Bewirtschaftungsformen umzustellen, wollen wir gezielt
unterstützen. Das von uns initiierte Kompetenzzentrum für ökologischen Landbau
wollen wir dafür weiter stärken. Unser Augenmerk liegt auf der Förderung von
Struktur in der Fläche sowie kleinteiliger Anbauflächen, um Probleme der
Wasserverfügbarkeit und der Bodenerosion zu reduzieren.
Die Nitratbelastung im Grundwasser wollen und müssen wir verringern. Dabei
setzen wir auf eine sachliche Diskussion sowie auf Transparenz hinsichtlich des
Aufbaus und der Qualitätssicherung des Messnetzes. Betriebe, die in Nitrat-
belasteten Gebieten angepasste Kulturen anbauen, sollen staatliche Unterstützung
u. a. bei der Vermarktung erhalten.
Mit einer Humusstrategie wollen wir für intakte Böden mit einer hohen Zahl an
Bodenlebewesen und einem hohen Humusgehalt als Grundlage für eine
zukunftssichere Landwirtschaft sorgen.
Wir wollen die sächsische Teichwirtschaft als bedeutungsvollen Faktor für die
Fischzucht, den Schutz der natürlichen Lebensräume und die biologische Vielfalt
in der kulturhistorischen Landschaft erhalten.
Wir erkennen die Leistungen einer verantwortungsvollen Landwirtschaft für eine
gesunde Umwelt an und treiben auf der Ebene der Europäischen Union ein
Gemeinwohlprämienmodell in Form eines einfachen Punktesystems voran, um diese zu
honorieren. Die Mittelvergabe müssen wir dabei weniger komplex gestalten und
angestaute Bürokratie insgesamt erkennen und abbauen.
Hier in Sachsen haben wir dafür gesorgt, die Kofinanzierungsmittel im Rahmen der
Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU bereitzustellen und sind auch in Zukunft
entschlossen, dies fortzuführen. Bei der Auszahlung der Gelder an Betriebe
wollen wir mit anderen Bundesländern zusammenarbeiten.
Regionale Lebensmittelproduktion stärken
Unsere Arbeit zur Stärkung von Kreisläufen regionaler Wertschöpfung und
Vermarktung von Landwirtschaftsprodukten wollen wir fortsetzen und entsprechende
Strukturen wie die von uns etablierten Bio-Regio-Modellregionen oder die
Sächsische Agentur für Regionale Lebensmittel (AgiL) festigen und weiter
ausbauen. Dazu werden wir Ansprechstellen in den Regionen einrichten, um dort,
wo produziert wird, auch kurze Wege zu gewährleisten. Das gelingt nur, wenn wir
BÜNDNISGRÜNE weiter Verantwortung in diesem Land tragen. Wir unterstützen
Konzepte einer nachhaltigen Nutzung von biologischen Ressourcen in der
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei und treiben die Entwicklung
innovativer biobasierter Produkte und Materialien voran. Ein wichtiger Baustein
regionaler, tierwohlorientierter Wirtschaftsketten und Vertriebskreisläufe sind
hofnahe und Hofschlachtungen. Regionale (Wochen-)Märkte wollen wir gezielt
unterstützen, um Ernte auf kurzem Wege vor Ort besser zu vermarkten.
Unser Ziel ist, die Selbstversorgung, insbesondere mit mehr Gemüse aus Sachsen,
weiter zu steigern. Hierfür wollen wir den Anteil ökologischer und regional
erzeugter Produkte in der Kita- und Schulverpflegung deutlich erhöhen. Ein
Modellprojekt "Gesundes Frühstück" wollen wir prüfen, das allen Kindern
mindestens in der Grundschule zur Verfügung steht. Außerdem unterstützen wir
kooperative Bewirtschaftungsmodelle wie „Solidarische Landwirtschaft“, die
Gründung neuer Genossenschaften sowie Urban-Gardening-Ansätze (Glossar),
Waldgärten und das Konzept „Essbare Stadt“. (Glossar)
Dem Einsatz von grüner Gentechnik im Agrarbereich stehen wir aufgrund der
komplexen Risiken für Mensch und Umwelt kritisch gegenüber und bringen
stattdessen alternative Ansätze traditioneller und ökologischer
Züchtungsverfahren voran, um den zentralen Herausforderungen wie Anpassung an
den Klimawandel, Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes oder
Ertragssteigerungen zur Sicherung der Welternährung schneller begegnen zu
können. Um die Möglichkeiten der Bioökonomie zur nachhaltigen und gesundheitlich
unbedenklichen Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln zu nutzen, wollen wir
diesen Wirtschaftszweig wie auch damit verbundene Forschung und Entwicklung
fördern. Die Entwicklung innovativer biobasierter Produkte und Materialien für
eine nachhaltige Nutzung biologischer Ressourcen in Landwirtschaft,
Forstwirtschaft und Fischerei unterstützen wir.
Die vielfältige und einzigartige durch den Weinbau in Sachsen entstandene
Kulturlandschaft wollen wir erhalten und fördern. Unser Ziel ist, die Situation
des sächsischen Weinbaus zu verbessern, indem wir den herausfordernden
Steillagenweinbau wie auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel fördern.
Innovative Methoden im Weinbau, wie den Einsatz von Drohnen, gilt es zu stärken.
Wir streben an, das Staatsweingut Schloss Wackerbarth zu einem zentralen
Unterstützungsbetrieb zu entwickeln, der sich der Erprobung neuer Methoden im
Weinbau sowie der Beratung von sächsischen Winzer*innen verschreibt.
Sachsens Landwirtschaftsbetriebe stützen
Die Vielfalt unserer sächsischen Landwirtschaftsbetriebe ist uns sehr wichtig.
Wir streiten für ein Sächsisches Agrarstrukturgesetz und eine Höfeordnung, um
überhöhten Bodenpreisen, Bodenspekulation, Flächenkonkurrenzen und dem
Höfesterben entgegenzuwirken. Förderprogramme zur Existenzgründung und
Hofnachfolge, die wir initiiert haben, wollen wir als einfach zugängliche,
unkomplizierte Unterstützung fortführen. Um Unternehmen in der Landwirtschaft
und im Garten- und Landschaftsbau im Fachkräftewettbewerb unter die Arme zu
greifen und junge Menschen aus Stadt und Land für eine Ausbildung in Land- und
Forstwirtschaft zu gewinnen, streben wir eine Offensive für grüne Berufe an.
Die Landwirtschaft leidet bereits jetzt unter den Auswirkungen des Klimawandels.
Wir wollen sie bei den erforderlichen Anpassungsmaßnahmen an Klimafolgen
weiterhin unterstützen. Wir haben in der ersten Legislatur unter grüner
Beteiligung ein Kompetenzzentrum für Ökolandbau und ein Kompetenzzentrum für
Nachhaltige Landwirtschaft geschaffen, um den in der Landwirtschaft anstehenden
Transformationsprozess zu begleiten und gemeinsam mit den Landwirt*innen
Lösungsansätze für eine resiliente Landbewirtschaftung zu erproben. Diese wollen
wir fortführen. Bewirtschaftungsformen, die z. B. durch den langfristigen Aufbau
von Humus dazu beitragen CO2 im Boden zu binden und somit zum Klimaschutz
beitragen, wollen wir honorieren.
Der Erhalt von Landwirtschaftsflächen ist Voraussetzung, um den Grad der
Selbstversorgung und damit die Sicherheit der Lebensmittelversorgung in Sachsen
zu erhöhen. Wir setzen uns dafür ein, PV-Anlagen vorrangig auf Gebäuden,
Parkplätzen, versiegelten oder brachliegenden Flächen zu errichten. Wenn
landwirtschaftliche Flächen für die Energieerzeugung genutzt werden, sollen
integrierte Lösungen, die einen Mehrwert zur Lebensmittelproduktion sowie zur
Biodiversität schaffen, Vorrang haben. Flächenkonflikte zwischen
landwirtschaftlichen Nutzflächen und dem Ausbau von Erneuerbaren Energien lassen
sich mit Agri-Photovoltaik (PV) auflösen. Indem technische Standards wie
Mindesthöhen für PV-Anlagen im Ackerbau und in der Weidewirtschaft definiert und
eingehalten werden, entsteht eine Win-Win-Situation für den Umwelt- und
Klimaschutz wie auch für Landwirtschaftsbetriebe, die eine zusätzliche
Einkommensquelle schaffen.
Wir wollen politisch arbeiten für eine konsequente Umsetzung der Digitalisierung
in allen Behörden, welche die Landwirte entlastet statt zu Mehraufwand führt;
für eine gemeinsame Koordination und Dokumentation der Staatsregierung bei
Kontrollen, die durch mehrere Behörden jährlich durchgeführt werden und bislang
nicht miteinander verzahnt sind; für Modellprojekte, die gemeinsam mit den
Verbänden erarbeitet werden. Wir wollen eine Ansprechstelle schaffen zur Meldung
von in Landeshoheit liegenden Festlegungen, die sich in der Praxis als nicht
anwendbar oder gar kontraproduktiv erweisen.
Tierwohl sicherstellen
Wir BÜNDNISGRÜNE ergreifen für Tiere und deren Schutz konsequent Partei. Wir
setzen uns für eine konsequente Umsetzung des grundgesetzlich verankerten
Tierschutzes ein. Denn immer noch leiden viele Tiere unter Haltungsbedingungen,
die sich nicht am natürlichen Verhalten der jeweiligen Tierart orientieren. Für
deren Rechte und deren Schutz kämpfen wir weiter an der Seite von Umwelt- und
Tierschutzorganisationen. Gleichzeitig unterstützen wir Tierhalter*innen bei
Maßnahmen für eine tierartgerechte Haltung und bei der kontinuierlichen
Verbesserung der Tiergerechtigkeit. Mit der Einsetzung einer/eines sächsischen
Tierschutzbeauftragten haben wir eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung
des Tierschutzes in Sachsen geschaffen.
Tierschutz institutionell und personell absichern
Wir streiten weiter für eine auskömmliche und gesicherte Finanzierung von
Tierheimen, damit diese in der Lage sind, ihren Aufgaben auch bei steigenden
Tierzahlen und gleichzeitig sinkenden Spendeneinkünften gerecht zu werden und
keine Tiere in Not abweisen müssen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die
Kommunen mehr finanzielle Mittel erhalten, um die Kosten für Unterbringung und
Futter für Fund- und herrenlose Tiere länger als bisher übernehmen zu können.
Ebenso wollen wir Veterinärämter personell besser ausstatten, sodass
Tierschutzverstöße in der Tierhaltung, der Tierzucht und bei Tiertransporten
geahndet und entsprechende Kontrollen durchgeführt werden können. Die Stelle
einer/eines Tierschutzbeauftragten, die wir für Sachsen erreicht haben, wollen
wir für die Zukunft absichern sowie ausreichend personell und sachlich
ausstatten.
Um das Elend von freilebenden Katzenpopulationen zu mindern, wollen wir auf
Landesebene die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen prüfen, um Kommunen
zu unterstützen, wenn sie Katzenkastrationsverordnungen für herrenlose Katzen
erlassen wollen. Wir setzen uns für eine Anleinpflicht von Hunden in der Natur
während der Setz- und Brutzeit ein, wie es sie in anderen Bundesländern bereits
gibt.
Eine landesweit tiermedizinische Versorgung verstehen wir als staatliche
Hoheitsaufgabe, die es zu sichern gilt. Unser Ziel ist, geeignete Maßnahmen für
eine flächendeckende tiermedizinische Grund- wie auch Notfallversorgung in Stadt
und Land zu entwickeln. Unter anderem braucht es dafür dringend eine bessere
Abstimmung zwischen verschiedenen tierärztlichen Notdienstsystemen sowie
zentrale Notrufnummern, die an geeigneten Stellen veröffentlicht und gut zu
finden sind. Denkbar ist für uns, Modelle aus der allgemeinen
Gesundheitsversorgung wie Landarztquoten (insbesondere für Großvieh), zentrale
Notdienstpraxen, zentrale Telefonleitstellen oder der Ausbau von Telemedizin auf
die tierärztliche Versorgung zu übertragen. Auch Veränderungen der
Studienplatzvoraussetzungen wollen wir prüfen. Wir setzen uns für den Erhalt
aller Tierkliniken im Freistaat ein.
Es ist unser Ziel, dass auf Tierversuche in der Ausbildung verzichtet wird. Wir
streben einen dotierten Preis für Entwicklung von tierfreien humanrelevanten
Forschungsmethoden an und fordern, dass keine staatlichen Gelder des Freistaates
für Tierversuche eingesetzt werden.
Nutztiere artgerecht halten
Unser Ziel ist eine Landwirtschafts- und Ernährungspolitik, die dem Tierwohl
verpflichtet ist. Wir wollen diese in eine Tierwohl-Nutztierstrategie für
Sachsen gießen. Dazu zählt die Stärkung der flächengebundenen und tiergerechten
Nutztierhaltung. Hürden für die artgerechte Haltung und Freilandhaltung von
Schweinen wollen wir abbauen und alternative Freilufthaltungsformen, wie z. B.
Streuobstwiesen mit Weideschweinhaltung, fördern. Mit Ausstiegsförderprogrammen
im Agrarbereich sollen Betriebe leichter hohe Tierzahlen reduzieren können. Wir
kämpfen für das Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten und wollen
stattdessen den Wiederaufbau regionaler Schlachtstrukturen sowie Weideschuss,
hofnahe und mobile Schlachtungen fördern.
Insgesamt streben wir eine Ernährungsstrategie an, die pflanzliche, saisonale
und regionale Ernährung stärkt und ein entsprechendes Angebot in öffentlichen
Kantinen, wie beispielsweise in Betrieben im Landeszuständigkeitsbereich, in
Krankenhäusern, Schulen, Kitas und Justizvollzugsanstalten, fördert. Wir setzen
auf die heimische Produktion von Tierfutter, anstelle von z. B Soja-Importen,
dessen Anbau wertvolle Regenwaldflächen zum Opfer fallen.
Wir streben ein Verbandsklagerecht für Sachsen an, wie es dieses in vielen
anderen Bundesländern bereits gibt. Dadurch sollen Vereine und Verbände die
Befugnis erhalten, gegen Rechtsverletzungen zu klagen, welche die Allgemeinheit
betreffen und so Interessen im Sinne des Tierschutzes wie bereits auch im
Umwelt- und Naturschutz deutlich besser vertreten können.
Wildtierschutz flächendeckend organisieren
Das Landesjagdgesetz wollen wir zugunsten einer Priorisierung des Tier- und
Artenschutzes anhand aktueller wildbiologischer Erkenntnisse überarbeiten. Wir
setzen uns für eine Weiterbildungspflicht für Jagdscheininhaber*innen ein. Um
mit Konflikten umzugehen, die entstehen, weil Menschen immer weiter in tierische
Lebensräume eindringen, begrüßen wir die Einsetzung kommunaler
Wildtierbeauftragter, die nicht ausschließlich jagdliche, sondern insbesondere
auch Tierschutzinteressen verfolgen. Außerdem soll es in allen Landkreisen
Wildtierauffangstationen geben. Diese sollen durch höhere Landeszuweisungen an
die verantwortlichen Kommunen besser finanziell unterstützt werden.