Veranstaltung: | 57. Landesversammlung in Neukieritzsch - Programmparteitag zur Landtagswahl 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4 Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LAG Digitales und Medien |
Beschlossen am: | 02.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Facebook und Twitter/X Auftritt des Landesverbandes schließen - gemeinsam ein langfristiges, transparentes Social Media Konzept im Landesverband entwickeln
Beschlusstext
Social Media ist aus dem Leben der Menschen heute nicht mehr wegzudenken. Auch
wir Bündnisgrüne nutzen als Partei unterschiedliche Social Media-Plattformen, um
gesellschftliche Diskurse im Netz zu begleiten und über unsere eigenen
Beschlüsse und Vorhaben mit verschiedenen Menschen auch im digitalen Raum ins
Gespräch zu kommen.
Wir beantragen, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen ein, für Mitglieder
transparentes Social Media Konzept entwickelt, das die Nutzung der der
jeweiligen Plattformen nach Zielgruppen, Erreichbarkeiten und nachvollziehbaren
Metriken sowie unter Beachtung von Datenschutzstandards begründet. Ebenso soll
es Aussagen über die Relevanz von Diskursräumen, die wir aus demokratischer
Verantwortung nicht antidemokratischen Kräften und menschenverachtender Hetze
überlassen, treffen. Mit dem Konzept soll eine gesunde wie auch effiziente
ehrenamtliche politische Arbeit gefördert werden.
Alle Social-Media Auftritte sollen fortlaufend evaluiert und das Konzept anhand
dessen weiterentwickelt werden. Die Evaluation wird im Landesparteirat jährlich
vorgestellt und diskutiert.
Die Öffentlichkeitsarbeit soll verstärkt auf jenen Social-Media Plattformen
geleistet werden, welche hohe Standards für den Schutz von Daten vorsehen und
aktiv gegen Falschinformationen, Hate-Speech und Straftaten wie Holocaust-
Verleugnungen vorgehen. Der Landesverband erstellt einen Account bei Mastodon.
Begründung
Wir, die LAG Medien und Digitales in Sachsen wissen um das Dilemma: In der politischen Kommunikation ist der Einsatz von Social Media ein fester Bestandteil geworden. Über Social Media können politische Akteure direkt mit Bürger:innen kommunizieren, ihre Botschaften verbreiten und Wähler:innen gewinnen. Soziale Medien, wie die von Meta (Facebook, Instagram) und TikTok sind Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Aufmerksamkeit erzeugen und das vor allem mit negativen Schlagzeilen oder anderen fragwürdigen Challenges funktioniert. Wir sind uns bewusst, dass ein nicht Vertreten sein, aktuell auch nicht möglich ist. Wir bieten an uns, das beantragte Konzept gemeinsam mit den Landesvorstand und anderen interessierten Menschen zu entwicklen und umsetzbare Kompromisse zu entwickeln.
Warum wir Bündnisgrüne in Sachsen einen Mastodon-Account haben sollten
Als Bündnisgrüne verstehen wir die Notwendigkeit, im digitalen Zeitalter präsent und ansprechbar zu sein. Unsere Kommunikation muss dabei unseren Werten der Transparenz, des Datenschutzes und der Nachhaltigkeit entsprechen. Deshalb ist die Einrichtung eines Mastodon-Accounts für uns ein wichtiger Schritt.
Mastodon bietet uns eine Plattform, die auf Dezentralität und Datenschutz setzt - Prinzipien, die wir als Bündnisgrüne hochhalten. In einer Zeit, in der die großen sozialen Netzwerke zunehmend in die Kritik geraten, wollen wir ein Zeichen setzen und eine Alternative unterstützen, die Nutzerrechte und Datenschutz ernst nimmt.
Mit Mastodon können wir unsere Reichweite diversifizieren und eine Community aufbauen, die auf echtem Engagement und Dialog basiert. Die Plattform ermöglicht es uns, direkter und persönlicher mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern in Kontakt zu treten. Dies entspricht unserem Anspruch, nah bei den Menschen zu sein und unsere Politik transparent und verständlich zu kommunizieren.
Die Nutzung von Mastodon steht auch für unseren Anspruch, technologische Entwicklungen kritisch zu begleiten und gleichzeitig innovative, nutzerfreundliche Lösungen zu unterstützen. Als Bündnisgrüne wollen wir Vorreiter sein, wenn es darum geht, neue Wege in der digitalen Kommunikation zu gehen.
Unser Mastodon-Account sollte dabei nicht nur ein weiterer Kanal sein, sondern ein aktiver Teil unserer digitalen Strategie. Nur so ist unser Engagement auf Mastodon auch ein Beitrag zu einer vielfältigeren und gerechteren digitalen Landschaft. Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, soziale Medien verantwortungsvoll zu nutzen, ohne unsere Grundwerte zu kompromittieren.
Zur Kritik an Facebook, Twitter/X und Co.
Die Begründung, warum wir uns von Plattformen wie Facebook und Twitter fernhalten sollten, basiert auf mehreren grundsätzlichen Überlegungen, die sowohl ethische als auch praktische Aspekte umfassen.
1. Problematisches Geschäftsmodell: Das Kernproblem von Facebook und ähnlichen Plattformen liegt in ihrem Geschäftsmodell, das auf dem Sammeln und Verkaufen von Nutzerdaten basiert. Dies steht in direktem Widerspruch zu unseren Werten des Datenschutzes und der informationellen Selbstbestimmung. Als Organisation, die sich für Datenschutz und digitale Rechte einsetzt, können und sollten wir keine Plattform unterstützen, die diese Prinzipien untergräbt.
2) Datenschutzbedenken und Micro-Targeting: Die Nutzung von Facebook für politische Inhalte führt zur Erstellung detaillierter Profile der Nutzerinnen. Diese Praxis des Micro-Targeting, bei der Nutzerinnen aufgrund ihrer Interessen, ihres Verhaltens und ihrer demografischen Daten gezielt angesprochen werden, ist nicht nur datenschutzrechtlich bedenklich, sondern widerspricht auch unserer Position zu solchen Praktiken auf europäischer Ebene.
3) Widerspruch zu unseren Prinzipien: Die Nutzung von Facebook steht in direktem Widerspruch zu unserem Grundsatzprogramm, insbesondere zu den Abschnitten Datenschutz, informationelle Selbstbestimmung und digitale Souveränität. Wir können nicht einerseits für diese Werte eintreten und andererseits eine Plattform nutzen, die diese Werte nicht respektiert.
4) Mangelnde Transparenz und Kontrolle: Facebook und ähnliche Plattformen bieten wenig Transparenz über ihre Algorithmen und Nutzungsbedingungen. Dies erschwert es, die Kontrolle über die eigenen Daten und deren Verwendung zu behalten.
5. Soziale Verantwortung: Als Organisation, die sich für soziale Gerechtigkeit und ethisches Handeln einsetzt, sollten wir Plattformen meiden, die durch ihre Geschäftspraktiken zur Verbreitung von Hass und Desinformation beitragen und demokratische Werte gefährden.
6. Alternativen fördern: Indem wir uns von Facebook und Twitter distanzieren, können wir alternative Plattformen unterstützen, die Datenschutz und ethische Geschäftsmodelle in den Vordergrund stellen. Dies würde auch unserer Rolle als Vorreiter für nachhaltige und ethische Technologien entsprechen.
7. Vorbildfunktion: Als Unternehmen haben wir eine Vorbildfunktion. Wir sollten unsere Werte konsequent leben und zeigen, dass man auch ohne problematische Geschäftsmodelle ethisch erfolgreich kommunizieren und interagieren kann.
8) Aktuelle Herausforderungen bei Twitter: Twitter hat in letzter Zeit mit einigen kontroversen Entwicklungen zu kämpfen. Dazu gehören Probleme mit der Moderation von Inhalten, die zunehmende Verbreitung von Fehlinformationen und Hassreden sowie ethische Bedenken hinsichtlich der Unternehmensführung und -richtlinien. Diese Entwicklungen verstärken die Bedenken gegenüber der Plattform, insbesondere hinsichtlich ihrer Rolle in der öffentlichen Debatte und im demokratischen Diskurs.
9. Umgang mit Desinformation: Twitter wurde in der Vergangenheit für seinen Umgang mit Fehlinformationen kritisiert. Die Plattform diente häufig als Nährboden für Falschmeldungen und Verschwörungstheorien, was besonders während der COVID-19-Pandemie und politischen Wahlen deutlich wurde. Als Organisation, die sich für einen informierten öffentlichen Diskurs einsetzt, sollten wir diese Plattform nicht unterstützen, wenn sie nicht effektiv gegen Desinformation vorgeht.
10) Schwächung demokratischer Prozesse: Twitter spielt eine wichtige Rolle in der politischen Kommunikation, was auch die Gefahr birgt, dass die Plattform zur Schwächung demokratischer Prozesse beiträgt, wenn sie nicht adäquat moderiert wird. Dies widerspricht unseren Werten der Förderung einer gesunden, demokratischen Gesellschaft.
11. Ethik und Unternehmensführung: Die Unternehmensführung und ethischen Richtlinien von Twitter werden zunehmend kontrovers diskutiert. Vorwürfe über internen Machtmissbrauch und intransparente Entscheidungsprozesse haben das Vertrauen in die Plattform geschwächt. Als Organisation, die für Transparenz und ethisches Handeln steht, müssen wir uns von solchen Praktiken distanzieren.
12. Förderung von Echokammern: Twitter neigt dazu, Echokammern und Filterblasen zu verstärken, was zu einer Polarisierung der öffentlichen Meinung führen kann. Dies widerspricht unserem Ziel, offene und vielfältige Diskurse zu fördern.
Zusammenfassend ist es wichtig, dass wir als Organisation unsere Entscheidungen im Einklang mit unseren Werten und Prinzipien treffen. Dies bedeutet, Plattformen zu vermeiden, die unseren Grundwerten widersprechen, und stattdessen alternative Kommunikations- und Interaktionsformen zu fördern, die Datenschutz, Transparenz und ethisches Handeln unterstützen.
Landesverband braucht Konzept und Begründung für weitere Nutzung von Social Media
Alle sozialen Medien kommerzieller Natur wie eben Facebook, Instagram, TikTok und Co gehören Werbefirmen und ihren Investor:innen, deren Währung unsere Aufmerksamkeit und unsere Daten sind. Wir, auch als Landesverband, der diese Kanäle bespielt, sind ihre unbezahlten Angestellten. Der Betreuungsaufwand für Social Media ist ein Problem. Die Profile auf Facebook, Insta,Twitter/x und Co brauchen rund um die Uhr Aufmerksamkeit, da die Nutzer:innen schnelle Antworten erwarten. Die KVs in Sachsen, die dort sehr aktiv sind, tun dies im Wesentlichen als ehrenamtliche Tätigkeit, bei der ein "Abschalten" genau wegen dieser Problematik fast nicht möglich ist. Dazu kommt eine ständige Flut von Shit, Hass und Drohungen, ob öffentlich oder als private Nachricht. Hier noch ein Reel, da noch eine Story, wir unterwerfen uns den Zwängen der sozialen Medien. Denn schlechter digitaler Wahlkampf ist, wenn Fotos von sich im Wahlkampf gepostet werden, als Dokumentation. Das macht jeder:r, um zu zeigen, wir waren draußen, wir sind aktiv, aber das interessiert niemanden. Wir wollen nicht zu Medienhäusern und weiter unbezahlte Arbeiter:innen der Plattformkonzerne werden, die ständig Fotos und Videos produzieren.
Deshalb brauchen wir ein Konzept, auf welchen Plattformen wir wen mit welchen Ressourcen erreichen, Evidenzen, ob sich Budgets dafür lohnen und warum, wir brauchen ein Konzept, wie wir gerade im Ehrenamt gesund mit oder vielleicht auch mal ohne Social Media arbeiten können. Wohin kann ich mich mit all dem Hass wenden? Was sind gute Beispiele? Hilft viel wirklich viel?